Tests im LebensPhasenHaus

In einer praxisnahen, aber geschützten Demonstrationsumgebung des LebensPhasenHauses der Universität Tübingen sammelten Pflegende erste Erfahrungen mit der Nutzung der Exoskelette mittels Simulationen des Arbeitsalltags.

Die Tests wurden durch passgenaue Einführungen in die Systeme unterstützt, damit die beteiligten Pflegenden der BruderhausDiakonie diese sicher im Arbeitsalltag erproben können. Das Projektteam begleitete die Tests durch leitfadengestützte Interviews.

Ermittlung von Bedarfen

Als Grundlage der Tests in den Demonstrationsumgebungen wurden rückenbelastende Situationen im Arbeitsalltag von Pflegenden der BruderhausDiakonie identifiziert. Im Fokus stand also die Frage: Wann muss der Rücken von Pflegenden entlastet werden?

Ausgewählte Pflegende der BruderhausDiakonie wurden mit einem Leitfaden in Fokusgruppen befragt. Der Leitfaden beinhaltete Fragen zur persönlichen Einschätzung von rückenbelastenden Situationen und zu Möglichkeiten, diese zu bewältigen.

Die Teilnehmenden hatten zudem die Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck über die bereits angeschafften Exoskelette zu verschaffen und diese anzuprobieren. Außerdem wurden Möglichkeiten des kooperativen und kollaborativen Lernens im Projekt EXPERTISE 4.0 vorgestellt.

Fokusgruppeninterviews im Rahmen der Bedarfsanalyse fanden an den folgenden Terminen statt – eine Dokumentation wesentlicher Ergebnisse ist jeweils verlinkt:

15. Mai 2019 in Friedrichshafen mit 6 Pflegenden im Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift
28. Juni 2019 in Ravensburg mit 5 Pflegenden im Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift

Die Ergebnisse aus Fokusgruppeninterviews, persönlichen Reflexionen mit den Multiplikatoren und im Projektteam wurden zu drei Szenarien verdichtet, die bei der Erprobung der Chancen und Grenzen von Exoskeletten vordergründig betrachtet werden:

  • Transfer vom Bett in einen (Roll)Stuhl
  • Hochlagerung / Mobilisation im Bett
  • Bodennahe Tätigkeiten (Sturz, Notfallsituationen)

Die Szenarien werden im Projektverlauf kontinuierlich reflektiert und bei entsprechenden Rückmeldungen aus der Praxis ergänzt bzw. angepasst. So wurden bspw. „Stürze“ bzw. bodennahe Tätigkeiten mit einem Exoskelett erst im Verlauf der Testungen in den Demonstrationsumgebungen nach entsprechenden Rückmeldungen der Probanden als Situationen aus dem Arbeitsalltag aufgenommen, die einer näheren Betrachtung lohnen.

Test 1

Der Auftakt der Testungen in den Demonstrationsumgebungen fand am 9. Dezember 2019 im LebensPhasenHaus der Universität Tübingen statt. Vier Pflegende wurden in ihre Aufgaben innerhalb des Projektes als Multiplikatoren eingeführt. Im Anschluss wurden sie bzgl. der Nutzung der Exoskelette angeleitet. Das Projektteam dokumentierte die ersten Reaktionen beim Ankleiden und die Eindrücke bei der Nutzung der Systeme während unterschiedlicher Pflegeszenarien – dem Hochlagern im Bett und dem Transfer in den Rollstuhl.

Im Anschluss wurden die Multiplikatoren zu ihren ersten Erfahrungen mit der Nutzung von Exoskeletten befragt. Insgesamt reagierten die Pflegenden positiv und sie empfanden eine körperliche Entlastung in den simulierten Szenarien. Jede der vier Pflegenden kann sich vorstellen, eines oder mehrere Exoskelette über einen längeren Zeitraum im Arbeitsalltag zu erproben. Allerdings stellte sich heraus, dass nicht alle Systeme jedem Benutzer ideal passten. In diesen Fällen wurden die Testungen abgebrochen. Für die noch ausstehenden Testungen werden deshalb Exoskelette in weiteren Größen angeschafft.

Eine ausführliche Zusammenfassung der ersten Tests von Exoskeletten im LebensPhasenHaus findet sich hier.

Test 2

Die zweiten Untersuchungen in der Demonstrationsumgebung fanden am 09. Januar 2020 in der Karl-Olga Altenhilfe in Stuttgart mit zwei Multiplikatoren statt. Die ganztägige Nutzung des Andachtsraums garantierte die Testung in der geschützten Umgebung. Aufgrund der zurückgemeldeten hohen Belastung der Multiplikatoren in ihrem regulären Arbeitsalltag hat sich das Projektkonsortium dazu entschieden, einmalig anstelle des LebensPhasenHauses eine Untersuchung in der Demonstrationsumgebung in einer Einrichtung der BruderhausDiakonie durchzuführen.

Die Multiplikatoren wurden in das Projekt eingeführt und ihnen wurde eine sachgemäße und sichere Verwendung der Exoskelette nahegebracht. In der Testumgebung konnten die Multiplikatoren die Exoskelette praktisch erproben für die beiden Szenarien (1) Hochlagerung / Mobilisation im Bett und (2) Transfer aus dem Bett in den Rollstuhl.

Im Anschluss an die Testung wurden die Multiplikatoren zu den ersten Erfahrungen mit der Nutzung von Exoskeletten befragt. Der männliche Multiplikator empfand alle Exoskelette als hilfreich. Die weibliche Multiplikatorin verspürte teilweise Druckgefühle. Sie bevorzugte deshalb Soft- Exoskelette mit Elastomeren (Rakunie, SoftExo). Die anderen Systeme (Laevo, Cray X) wurden von dem männlichen Multiplikator positiver beurteilt.

Eine ausführliche Zusammenfassung der zweiten Tests von Exoskeletten in der Karl-Olga-Altenhilfe findet sich hier.

Test 3

Die dritten Testungen in den Demonstrationsumgebungen fanden am 3. Juni 2020 im LebensPhasenHaus in Tübingen statt. Die Teilnehmenden waren zwei Pflegekräfte und eine Pflegedienstleitung des Seniorenzentrums Markwasen, Reutlingen und dem Pflegeheim Haus am Schulberg, Pliezhausen.

Die Multiplikatoren wurden in das Projekt eingeführt und ihnen wurde eine sachgemäße und sichere Verwendung der Exoskelette nahegebracht. In der Testumgebung konnten die Multiplikatoren die Exoskelette praktisch erproben für die drei Szenarien (1) Hochlagerung / Mobilisation im Bett, (2) Transfer aus dem Bett in den Rollstuhl und (3) Notfall bzw. Sturz eines Bewohners.

Die Unterstützung bei Tätigkeiten am Boden („Sturz eines Bewohners“) wurde für das Rakunie am deutlichsten empfunden – insbesondere beim Aufrichten aus der Hocke. Auch das Laevo konnte die Multiplikatorinnen in der Notfallsituation mehrheitlich überzeugen. Für den Transfer vom Bett in den Rollstuhl wurde die Unterstützung des SoftExo größtenteils positiv beurteilt.

Eine ausführliche Zusammenfassung der dritten Testungen von Exoskeletten findet sich hier.

Test 4

Die vierten Testungen in den Demonstrationsumgebungen fanden am 14. September 2020 im LebensPhasenHaus in Tübingen statt. Die Teilnehmenden waren zwei Pflegefachkräfte aus dem Fachpflegeheim Buttenhausen und jeweils eine Pflegefachkraft aus dem Seniorenzentrums Mittelstand sowie aus dem Seniorenzentrum Gustav-Werner Stift in Bad Urach.

Insgesamt wurden die verschiedenen Exoskelette subjektiv unterschiedlich bewertet und nicht alle Exoskelette haben allen Teilnehmerinnen gepasst. Allgemein konnten sich die Multiplikatoren einen Einsatz des Cray X in der Pflege weniger vorstellen, zumal das Exoskelett als schwer, laut und unangenehm zu tragen beschrieben wurde. Dennoch würden sie das Cray X empfehlen, um einen sehr adipösen Bewohner zu bewegen.

Eine ausführliche Zusammenfassung der vierten Erprobungen im LebensPhasenHaus der Universität Tübingen findet sich hier.